Donnerstag, 8. Oktober 2015

Psychosomatische Knutschflecken/Monster/Deborahs Antwortbrief/Literarische Meisterleistung/Enthusiasmus/Offenheit/Scheißkerl

Monster, ey!
Hätte ich doch bloß nicht in den Spiegel geschaut: Ich sehe so alt und hässlich aus, wo ich doch so intelligent bin! Ich fühle mich wie Sonntag, aber es ist ein trostloser Dienstag, der Tag ist okay, nur sehe ich nicht so aus (obwohl ich mich nicht zu schlecht fühle, Scheiße!).
Kein Duschen hilft mir, ich brauche Action, aber ins Kino gehe ich nicht mehr, nach 18 Uhr, habe Englisches gelesen! Und trotzdem werde ich mich duschen, oder doch nicht? Ich ertrag mich optisch nicht, kotz, kotz.

Deborah an mich
"Gut, dass du mir geschrieben hast. Am Telefon hätte ich es mit Sicherheit nicht geschafft, dir all die Dinge an den Kopf zu werfen, die mich bei unserem Partnerschaftsversuch (mit Betonung auf Versuch) gestört haben.
Erst einmal zu deinem Brief: Findest du es nicht ein wenig dreist, mir den Schwarzen Peter für die letzte, verunglückte Nacht zuzuschieben? Ich glaube mich zu erinnern, dass ich versucht habe, dir etwas über verpasste Chancen und Abgekühlt-Sein zu erzählen. Schade, dass du es nicht geblickt hast. Das hätte das Drama auf ein erträgliches Maß reduziert.
Auf der Fahrt zu dir am Donnerstag habe ich mich unheimlich auf dich gefreut; ich hatte Lust auf dich: es hat gekribbelt. Dann kam ich zu dir hoch, und im Prinzip war die Luft raus und ich kalt wie eine Hundeschnauze. Ich hasse deine Art, mich zu begrüßen. Ich kam mir immer vor wie ein unangemeldeter, etwas störender Gast, den man mit stundenlangem Smalltalk einschläfert, in der Hoffnung, ihn zum baldigen Gehen zu bewegen. Ein bisschen mehr Enthusiasmus bei der Begrüßung (und auch sonst) hätte bestimmt nicht geschadet. So habe ich immer Stunden gebraucht, um nach der eiskalten Begrüßung wenigstens aufzutauen. Und dann erwartest du mehr Hingabe bzw. Aktivität! Es gibt ein schönes Sprichwort: 'Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.' Sehr passend, nicht wahr?!
Nun zu deiner Forderung, mich 'positiv einzubringen'. Ich hätte nicht gedacht, dass du auf derart abgelutschte Floskeln zurückgreifen musst. Da hätte ich eigentlich mehr Klasse erwartet, zumal du dich ja für einen der besten (oder den besten?) lebenden österreichischen Schriftsteller hältst. Aber Anspruch und Wirklichkeit klaffen ja des Öfteren auseinander.
Was die verlangte 'Offenheit' betrifft: Ein Hoch auf die Offenheit! Es lebe die Offenheit! Aber es gibt Situationen, in denen mich Offenheit ziemlich abtörnt und damit auch den leisesten Hauch von Erotik vernichtet (ich finde z.B. Gespräche über rasierte oder nicht rasiert[e Beine] nicht unbedingt erotisch!). Man kann alles übertreiben, mein Lieber. Dir fehlt das Gespür dafür, wann es besser ist, einfach den Mund zu halten oder einfach mal zu lügen. Es ist idiotisch zu verlangen, dass ich dir sage, wann du besser den Mund halten solltest. Wer weiß, welche bahnbrechenden Gedanken dann auf Nimmerwiederhören verschwinden. Ganz egal, was für ein Scheißkerl mein Ex war, er hat mir zumindest das Gefühl gegeben, für ihn etwas Besonderes, Liebenswertes zu sein: auch wenn wir beide wussten, dass das nicht der Realität entsprach. Aber es war ein Spiel, und bis zu einem gewissen Zeitpunkt, immerhin ein halbes Jahr, hatte ich viel Spaß daran. Wenn es nicht die absolute Liebe ist, die zwei Menschen dazu bewegt, miteinander zu schlafen, sollte man sich an gewisse Spielregeln halten. Es erleichtert die Sache ungemein. Offenheit verträgt sich in meinen Augen nur mit absolutem Vertrauen und unbedingter Liebe, sonst ist Offenheit nur destruktiv.
Ich habe keine Lust auf Probleme. Was ich will, ist eine lockere, entspannte Beziehung, und die ist mit dir nicht möglich. Dein Hang alles zu problematisieren und alles zu überdenken macht mich krank (deswegen die roten Flecken an meinem Hals!), schade, dass mir das alles erst so spät aufgefallen ist.
Jetzt ist mein Zorn verraucht. Ich gebe zu, dass der Brief weder fair noch eine literarische Meisterleistung ist. Aber beides kannst du von mir nicht erwarten.
Falls du meine Uhr finden solltest, die ich bei meinem überstürzten Aufbruch bei dir vergessen habe, ich sitze nach den Ferien am Montag um 1 Uhr in der Deutsch-Cafete. Vielleicht findest du mich ja!
[D.]".

Worum gehts hier eigentlich?
Man kann nicht immer gut aussehen, sollte ich aber: Von Knutschflecken übersät.

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